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Sächsische.de | Hilft ein Aus vom Verbrenner-Verbot 2035 der sächsischen Autoindustrie?

Erneut entflammt in Deutschland die Debatte über das Verbrenner-Aus ab 2035. Aus der Branche sprechen sich viele für ein Aufweichen aus. Welche Folgen hätte der Stopp vom Verbrenner-Aus 2035 für die sächsische Autoindustrie? Ein Pro und Contra.

Dresden. Ab 2035 sollen in der EU keine neuen Autos mit Benzin- oder Dieselmotor mehr zugelassen werden dürfen. Ziel ist es, die CO₂-Emissionen im Verkehrssektor zu senken. In Deutschland machen insbesondere Vertreter aus den Unionsparteien und der Wirtschaft Druck, den EU-Beschluss zum Verbrenner-Aus zurückzunehmen.

Unter anderem Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) kritisierte das geplante Aus für neue Autos mit Verbrennungsmotor scharf. „Das geplante Verbrenner-Aus 2035 ist ein Irrweg. Es ist ideologisch getrieben, gefährdet unsere Wettbewerbsfähigkeit und zerstört industrielle Wertschöpfung in Deutschland“, sagte er in der vergangenen Woche.

Was würde der Stopp des Verbrenner-Verbots für die sächsische Autoindustrie bedeuten? Zwei Positionen – von Dirk Vogel, Manager des Netzwerks der Automobilzulieferer Sachsen (AMZ), und Katja Meier, verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Sächsischen Landtag.

Pro: Wir sollten den Markt entscheiden lassen

Dirk Vogel, Netzwerkmanager vom AMZ – Netzwerk Automobilzulieferer Sachsen

Unsere Gesellschaft beruht auf den Prinzipien der Marktwirtschaft. Ein Aus vom Verbrenner-Verbot 2035 würde folgende positive Effekte bringen:

Erstens: Die Prinzipien der Marktwirtschaft werden wieder hergestellt. Das Fahrzeug mit der höchsten Kundenakzeptanz, dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis und gegebenenfalls der besten Umweltbilanz wird gekauft. Wenn ein Verbrenner Strafzahlungen nach sich zieht, müssen diese Kosten auf den Nutzer umgelegt werden. Damit werden diese Fahrzeuge in den Jahren immer teurer bis unrentabel.

Zweitens: Der Green Deal bleibt. Damit bestehen klare Leitplanken zur Entwicklung der Elektroantriebe, ohne die deutsche Spitzentechnologie der optimalen Verbrennung und damit Forschung und Entwicklung, Ausbildung von Studenten, Maschinen- und Anlagenbau abzuschaffen.

Drittens: Für die Menschen kommt ein Stück individueller Freiheit zurück. Gerade in Ostdeutschland ist das ein hohes Gut, nach den Erfahrungen in einem zentral dominierten Staat bis 1989.

Dirk Vogel ist Netzwerkmanager beim AMZ. Er sieht gleich mehrere positive Effekte, die ein Stopp des Verbrenner-Verbots bringen könnte.
Dirk Vogel ist Netzwerkmanager beim AMZ. Er sieht gleich mehrere positive Effekte, die ein Stopp des Verbrenner-Verbots bringen könnte. Quelle: Kristin Schmidt
Die Auswirkungen auf die regionale Produktion und Arbeitsplätze in Sachsen und den ostdeutschen Ländern sind unterschiedlich, aber nicht so gravierend. Die Fahrzeughersteller BMW und Porsche können in ihren ostdeutschen Standorten in Leipzig sowohl Verbrenner als auch Elektrofahrzeuge herstellen. Die Fahrzeughersteller VW und Tesla stellen nur Elektrofahrzeuge her. Ein Ende des Verbrenner-Verbotes könnte hier kurzfristig zu einem Produktionsrückgang führen. Dies ist aufgrund des aktuellen Aufschwungs im Verkauf der E-Fahrzeuge aber akzeptabel. Ein Umbau der Werke wieder zurück zum Verbrenner ist bei Tesla nicht möglich und bei VW wirtschaftlich nicht sinnvoll, da an anderen deutschen Standorten genug Kapazität vorhanden ist.

Positive Auswirkungen bestehen auf die Zulieferer, die in der Vergangenheit Teile und Komponenten für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor geliefert haben. Diese bekommen wieder eine Perspektive. Der Umstieg auf den E-Antrieb wird weitergehen, aber der Zeitraum verlängert sich. Damit erhalten diese Zulieferer Zeit, sich nach anderen Produkten und Branchen umzusehen und dahin zu investieren.

Und wer Angst hat, dass wir nach dem Aus vom „Verbrenner-Aus“ plötzlich keine E-Fahrzeuge mehr herstellen, kann sich auf der IAA überzeugen. Die neuen Fahrzeuge, insbesondere preiswerte Fahrzeuge aus China, haben aktuell nur noch Elektroantrieb. Der Erfolg und das Überleben der deutschen Automobilindustrie geht nur über den Elektroantrieb, auch wenn der eine oder andere gern noch ein paar Jahre Verbrenner fährt oder fahren muss.

Viel wichtiger ist, dass die Energiekosten sinken, damit Elektrofahrzeuge noch wirtschaftlicher werden. Der Fokus muss liegen auf der Eigennutzung von Strom zum Tanken sowie kostenfreies Tanken und die Weitergabe von Energie an andere Verbraucher bei Energieüberschuss. Damit stärken wir die Industrie, entlasten jeden Bürger und schaffen weniger Geld in Öl-fördernde Länder. Wir sollten den Markt entscheiden lassen.

Contra: Sachsen kann ein Gewinner der Transformation werden

Katja Meier, verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Sächsischen Landtag

Die deutsche Autoindustrie hinkt bei der Umstellung auf E-Mobilität hinterher. Doch wenn wir deshalb jetzt am Verbrenner festhalten, riskieren wir erst recht, den Anschluss zu verlieren. So gefährden wir Wohlstand und Arbeitsplätze. Der Ausstieg aus dem Verbrenner ist eine wirtschaftliche Notwendigkeit, um im internationalen Wettbewerb zu bestehen.

Die weltweiten Märkte bewegen sich klar in Richtung Elektromobilität. China verkauft bereits mehr E-Autos als die EU und USA zusammen. Doch auch in Europa waren 15,6 Prozent der neu zugelassenen Pkw im ersten Halbjahr 2025 batterieelektrisch. Elektroautos sind kein Nischenprodukt mehr, sondern werden weltweit zum Standard. Wer hier bremst, setzt nicht nur den Produktionsstandort Deutschland, sondern auch Marktanteile aufs Spiel.

Katja Meier ist verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Sächsischen Landtag. Sie argumentiert: Wenn wir jetzt am Verbrenner festhalten, riskieren wir, den Anschluss zu verlieren.
Katja Meier ist verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Sächsischen Landtag. Sie argumentiert: Wenn wir jetzt am Verbrenner festhalten, riskieren wir, den Anschluss zu verlieren. Quelle: Archivfoto: SZ/Veit Hengst

Unsere Region ist inzwischen ein führender Produktionsstandort für E-Fahrzeuge in Deutschland und Europa. Bereits 56 Prozent der in Ostdeutschland produzierten Pkw sind vollelektrisch. Bis 2030 könnten es über 90 Prozent sein. Zudem entwickelt sich der Osten Deutschlands zu einem zentralen Standort für die Batterieproduktion und Halbleiterfertigung. Es ist unsere politische Verantwortung, der E-Mobilität den Rücken zu stärken, statt uns weiter an den Verbrenner zu klammern und damit auch die Verbraucherinnen und Verbraucher zu verunsichern. Viele Arbeitsplätze hängen davon ab, wie schnell und wie gut der Übergang gelingt.

Der Wandel bringt natürlich auch Herausforderungen. Deswegen müssen wir die Unternehmen bei Investitionen unterstützen und Beschäftigte beim Übergang begleiten. Weiterbildungen und Innovationsförderung sind entscheidend dafür, dass niemand zurückgelassen wird. Mit einer lückenlosen und leistungsfähigen Ladeinfrastruktur wird das Fahren von E-Autos noch attraktiver.

Sachsen kann ein Gewinner der Transformation werden, wenn wir endlich entschlossen auf die Zukunft setzen, statt weiter an der Vergangenheit zu kleben. Ein Ausstieg aus dem Verbrenner ist kein Verlust, sondern ein Gewinn: Er sichert Sachsens Rolle als wettbewerbsfähiger Industriestandort, schützt Arbeitsplätze und eröffnet neue Chancen auf den Märkten der Zukunft.

 

Pressemitteilung der Sächsischen Zeitung vom 13.09.2025, 07:00 Uhr | Debatte über Aus vom Verbrenner-Verbot 2035: Was heißt das für Sachsens Autoindustrie?